Sammelsurium

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# Auf ein Wort ...

Sammelsurium

Liebe Lesende,

wussten Sie welche Vorräte die Titanic an Bord hatte oder welches Menü in der ersten Klasse am 14. April 1912 gereicht wurde? Oder kannten Sie die Bezeichnungen sämtlicher Hochzeitstage? Oder wie Ich liebe dich in Brailleschrift geschrieben wird?

Nein? Ich auch nicht. Aber spannend und amüsant zugleich ist das Sammelsurium, in dem Ben Schott viele wichtige und unwichtige, witzige und komplizierte Dinge, Namen, Tage, Fakten gesammelt hat. Schotts Sammelsurium ist eine Enzyklopädie, ein Wörterbuch, ein Lexikon, eine Fundgrube, ein Almanach zugleich und natürlich noch viel mehr.

Zugegeben – vermutlich wird niemand dieses Buch in einem Rutsch durchlesen – geschweige denn alle drei Bände – aber aus der Hand legen, kann ich dieses Werk irgendwie auch nicht. Ich blättere gerne darin und entdecke immer wieder erstaunliche und interessante Sachen.

Der britische Autor, Fotograf, Designer und Bibliothekar sammelt in seinen Sammelsurien triviales und seriöses Wissen. Und Sie, liebe Leser:innen, was sammeln Sie? Briefmarken vielleicht oder Steine oder … ? Als Kind sammelte ich die kleinen Figuren aus den Überraschungseiern. Jetzt als Erwachsener liegen mir eher schöne Texte am Herz.

Auch im Gottesdienst sammeln wir. Diese Sammlung, also die Kollekte als gottesdienstliche Gabe, hat übrigens ihren festen Platz in unseren Gottesdiensten und gehört als unverzichtbarer Bestandteil dazu – sie ist ein wesentliches Stück Liturgie. Seit den Tagen der ersten Christ:innen gehört in der christlichen Gemeinde beides zusammen: das gemeinsame Beten, Hören und Singen sowie das gemeinsame Tragen von Lasten. Gottesdienst und christliches Leben sind nicht zu trennen. Darum wurden schon immer im Gottesdienst Kollekten eingesammelt. Von Anfang an dienten Kollekten einem doppelten Zweck: Sie waren Hilfe für andere Gemeinden und sie dienten dem Lastenausgleich innerhalb der Gemeinde, also den eigenen Armen und Hilfsbedürftigen.

Der Apostel Paulus hat in den von ihm gegründeten und betreuten Gemeinden etwa für die Gemeinde in Jerusalem gesammelt und schreibt dazu in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth (1Kor 16,2-3):

An jedem ersten Tag der Woche lege ein jeder von euch bei sich etwas zurück und sammle an, so viel ihm möglich ist, damit die Sammlung nicht erst dann geschieht, wenn ich komme. Wenn ich aber gekommen bin, will ich die, die ihr für bewährt haltet, mit Briefen senden, damit sie eure Gabe nach Jerusalem bringen.

In der Schau der verschiedenen biblischen Texte zur sogenannten Jerusalem-Kollekte (z. B. 2Kor 8; Röm 15), war diese für Paulus offenbar ein Zeichen der Einheit und diese „Einheit hat wenigstens drei Aspekte“, wie der Theologe Christfried Böttrich schreibt.

„Einheit im materiellen Ausgleich: Die Sammlung fügt sich in die urchristliche Strategie eines Güterausgleichs im Bedarfsfall ein. Wer gerade hat, gibt davon ab. […]

Einheit im Geben und Nehmen: Die Sammlung ist keine Einbahnstraße. Vielmehr profitieren beide Seiten, wenngleich auf unterschiedliche Weise. […] Geistliche und materielle Gaben dienen dem Aufbau der Gemeinde!

Einheit im Dank gegenüber Gott: Die Differenzen zwischen Jerusalem und dem paulinischen Gemeindekreis können am besten dadurch überwunden werden, dass beide Seiten gemeinsam in das Lob Gottes einstimmen. Beide erfahren sich darin als von Gott Beschenkte, deren unterschiedliche Gaben den überfließenden Reichtum der Güte Gottes sichtbar machen.“

Seit dem 20. Jahrhundert haben Kollekten verstärkt auch die Aufgabe, gesamtkirchliche Aufgaben, die die Möglichkeiten einzelner Gemeinden übersteigen, zu unterstützen. So wie im Leben der Christ:innen Glauben und Handeln zusammen gehören, so bilden im Gottesdienst Verkündung und praktische Nächstenliebe eine Einheit. Weil Christ:innen aus der in Christus erfahrbaren Güte Gottes leben, stehen sie für Bedürftige in der Nähe und in der Ferne ein.

So sammeln wir auch bei uns im Gottesdienst regelmäßig eine bzw. zwei Kollekten, um andere – Gemeinden und Projekte – zu unterstützen und die Arbeit und Aufgaben unserer Kirchengemeinde zu finanzieren.

Die Bestimmungen der sogenannten Hauptkollekte – also derjenigen Sammlung, die in den Bankreihen erfolgt – legt das Parlament unserer Landeskirche, die Landessynode, im Kollektenplan fest. Die Verwendungen der sogenannten Nebenkollekte – also der Sammlung am Ausgang – beschließt der Gemeindekirchenrat. Im monatlichen Wechsel sammeln wir für konkrete Projekte und Aufgaben, wie z. B. im September 2023 für unseren Kirchhof und dessen Umgestaltung.

Bei dieser Gelegenheit danke ich Ihnen, die Sie einmalig oder regelmäßig eine Kollekte geben, von Herzen für Ihre Unterstützung!

Sammeln – in Kirche und Gesellschaft, öffentlich und privat, in Geschichte und Gegenwart, als persönliche Leidenschaft und gesellschaftliche Aufgabe – ein Thema, das viele Menschen in ihrem Leben irgendwann einmal beschäftigt.

Ein Sammelsurium an Farben hält Gott in den nächsten Monaten für uns bereit … ich wünsche Ihnen eine gesegnete Herbstzeit!

Ihr Pfarrer Sebastian Gebauer

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